November-Auszeiten
Wer von uns mag schon gerne den November?! Kühle, trübe, dunkle und nasse Tage. Ganz oft jedenfalls. Vielen drückt das nach einem langen Sommer und einem milden goldenen Herbst auf die Stimmung. Manche würden den 11. Monat des Jahres sogar gerne überspringen und gleich lieber mit der Adventszeit anfangen. Und hängen schon die ersten Lichterketten auf. Sogar die ersten Glühweinfeste beginnen bereits im November noch vor jedem Weihnachtsmarkt. Vor kurzem hieß es im Radio, dass Psychologen dazu raten, bereits jetzt mit der Weihnachtsdeko zu beginnen. Das würde mancher Seele gut tun.
"Feier"-Tag?
Aber dann sind da noch die ernsten und stillen Feiertage im November. Die viele nicht mögen. Vielleicht auch, weil sich ihnen deren Sinn nicht (mehr) so leicht erschließt. Oder weil sie einem irgendwie unpassend kommen im geschäftigen Alltags-Trubel. So habe ich mich vor kurzem am 1. November gewundert, dass auch am stillen Feiertag einige Dinge stattfanden: Von Fußball-Training oder Dorf-Wanderung über Musik-Unterricht und Probe des Musikvereins bis hin zum Party-Tanz auf einer Kerwe. Das hat mich bewegt und beschäftigt. Klar, wir Kirchenleute gelten oft genug als Spaßbremse. Aber immerhin hat ja die Evangelische Kirche vor einigen Jahren der Abschaffung des Buß- und Bettages als Feiertag zugunsten der Finanzierung der Pflegeversicherung zugestimmt. Schade eigentlich, meine ich. Denn ich finde die stillen und ernsten Auszeiten im November gar nicht so schlecht. Und das mal ganz unabhängig von Glaube und Kirche. Eigentlich sollten wir im stressigen Alltag mit wenig Zeit dankbar sein um jeden Tag, der uns als Feiertag geschenkt wird. Und an dem mal nichts im Terminkalender steht oder stattfindet.
Innehalten
Ein Tag mitten im Alltag, an dem man es mal ruhig angehen lassen kann. An dem man sich ausruhen oder sich mit der Familie oder Freunden treffen kann. Früher waren bei uns zu Hause diese stillen November-Feiertage typische "Bambel-Tage", an denen nicht viel passiert ist. Einfach mal die Seele zur Ruhe kommen und baumeln lassen. Genau das hat mir schon als Kind gut getan. Und das tut uns allen auch heute noch gut.. Ich würde sogar sagen: Mehr denn je. Immer öfter begegne ich Menschen, die durch die Hektik und die Terminflut des Alltags rastlos, ruhelos geworden und einfach überlastet sind. Auch Kinder schon! Warum muss eigentlich immer etwas stattfinden? Warum muss eigentlich immer etwas passieren und gemacht werden? Warum diese Rastlosigkeit? Machen wir uns im Flow des Alltags einfach keine Gedanken über die Feiertage? Oder: Fürchten wir uns vor dem Innehalten? Flüchten wir vor dem Nachdenken über uns selbst oder über Gott und die Welt?
Aber noch aus einem anderen Grund finde ich die stillen und ernsten (Feier-)Tage im November wichtig: Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag. Wenigstens einmal im Jahr bewusst auch den sperrigen Themen des Lebens ihren Raum geben. Und sei es angeordnet. Das hilft manchmal. Wenigstens einmal im Jahr der Traurigkeit Raum geben. Über einen verstorbenen Menschen, über Kriegstote, über Opfer von Hass, Gewalt und Terror in der Vergangenheit und auch heute oder über mein Versagen, meine Fehltritte, aber auch über Vergebung, Versöhnung und Frieden weltweit und in unseren Beziehungen. Wenigstens einmal im Jahr auch öffentlich den Trauernden und Opfern von Gewalt Raum geben. Gesellschaftliche Beachtung und Mitaushalten tuen denen sicherlich gut. Und auch uns, wenn wir uns über all diese Dinge mal Gedanken machen (können).
In der Gewissheit, dass bald auch wieder die Lichter, die wohltuenden Gerüche und der Glühwein im Advent mit ihrer Helligkeit und Leichtigkeit auf uns warten ... In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen gute und nachdenkliche November-Auszeiten.
Gerne diskutiere ich mit Euch und Ihnen den Sinn und die Gestaltung der stillen Gedenktage im November!
Ihr und Euer Norman Roth