Sonntagsgedanken 28. Juni 2020: Wegweiser aus der Sackgasse
Zur Zeit fühlen sich viele Menschen ausgelaugt. Anstrengende Wochen mit vielen Herausforderungen und besonderen Belastungen liegen hinter uns. Viele fühlen sich reif für die berühmte Insel. Wer ausgepowert ist, der reagiert schnell auch mal gereizt, unentspannt, ungerecht, wenig einfühlsam, einfach verkehrt. Da unterlaufen einem schnell Fehler auf der Arbeit oder auch im alltäglichen Miteinander.
Manchmal kann es uns passieren, dass wir uns wie in einer Sackgasse fühlen. Es geht nicht mehr weiter, wir wissen nicht weiter. Das kann sein z. B. nach einem Streit mit einer Freundin. Sie hat sich nicht gut verhalten. Aber ehrlich gesagt: Ich weiß, dass ich auch unsachlich und verletzend geworden bin. Böse Worte hat es gegeben. Und es ist etwas zerbrochen zwischen uns. Was passiert ist, lässt sich nicht mehr ungeschehen machen: Jetzt stehe ich stehe wie vor einer Wand.
Das Gefühl, in einer Sackgasse gelandet zu sein, kennen wir auch von der Arbeit. Ein Fehler ist uns da unterlaufen, den wir so einfach nicht wieder gut machen können. Dass wir nicht perfekt sind, wissen wir. Die anderen gestehen uns das auch zu. Trotzdem, wir ärgern uns über uns selber und sehen gerade keinen Ausweg.
Das kennen also wohl die meisten von uns: Situationen, in denen man nicht mehr ein noch aus weiß. Man hat einen oder mehrere Fehler gemacht, man ist verantwortlich, und jetzt ist es wie in einer Sackgasse ohne Wendemöglichkeit. Wie kann es weitergehen? Wo geht es in eine bessere Zukunft?
Foto: Werkstatt für Liturgie und Predigt
So kann es nicht weitergehen – das wird auch manche Menschen bewegt haben, die sich vor etwa 2.000 Jahren in Israel auf den Weg gemacht haben. Sie hatten gehört, dass in der Wüste jemand ist, der einen Ausweg kennt, den Weg in eine bessere Zukunft. In der Wüste am Jordan, dort konnte man ihn finden. Dort hat er gepredigt und die Bußwilligen mit dem Wasser aus dem Fluss getauft. So kann man von Johannes im Evangelium des Markus lesen: „So war Johannes in der Wüste, taufte und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Und es ging zu ihm hinaus das ganze judäische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden.“ (Markus 1,4-5)
Naja, auch wenn es sicherlich nicht alle waren, so waren es doch viele, die bei Johannes einen Weg aus ihrer ausweglosen Situation gesucht haben. Entscheidend dabei: die Sündenvergebung. Es lässt sich nicht einfach ungeschehen machen, was unter Menschen an Zerstörerischem geschehen ist. Und was nicht im Sinne Gottes gewesen ist. Gott, der Leben gibt und erhält. Es gibt nur einen Weg: Gott sieht uns Menschen an, als wäre nichts geschehen. Sünden vergeben heißt: für Gott zählt das nicht. Deshalb kannst du neu anfangen, den Weg in eine bessere Zukunft gehen. Ja, das Bekennen der Fehler, der Schuld, der Sünden und die Buße, also das Umdenken, gehören auch dazu. Aber die Vergebung ist das Entscheidende. Sie ist ein Geschenk Gottes, überraschend und befreiend. Wir Christen nennen das Gnade.
Johannes der Täufer steht mit dem, was er sagt und tut in der Tradition der Propheten Israels. Jesaja, Jeremia, Amos, Micha: Sie hatten im Namen Gottes die Verfehlungen des Volkes angeprangert. Sie hatten den Menschen gezeigt, wie ausweglos ihre Situation ist: Unglück, Tod und Vernichtung hatten sie angekündigt.
Beim Propheten Micha kann man hören, wie Gott mit dem Volk hadert, wie er, wie in einem Prozess, mit den Menschen ins Gericht geht. Doch dann geschieht das Wunder: Wo Menschen ihre Verfehlungen erkennen und bereit sind, umzudenken, zeigt sich Gott versöhnlich. Das lässt sich durch nichts bewirken, Gottes Gnade bleibt ein Geschenk. Darum endet das Buch des Propheten Micha mit einem Lobgesang auf den gnädigen Gott: „Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ (Micha 7,19)
Bis heute gilt für uns: Gott vergibt das, was wir falsch gemacht haben. Das, wo wir nicht in seinem Sinne gehandelt haben. Dort, wo wir uns lieblos und ungerecht verhalten oder in irgendeiner Weise Beziehungen und Leben ausgebremst oder gar kaputt gemacht haben. Dabei wissen alle, dass es auch dazu gehört, sich gegenseitig zu verzeihen und das Denken zu ändern. Es gibt einen Ausweg aus den Sackgassen, in denen wir stecken. Doch wir müssen nicht zu Johannes in die Wüste gehen. Der Täufer hatte gesagt: „Nach mir kommt der, der stärker ist als ich. Ich habe euch mit Wasser getauft; aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ (Markus 1,7a.8)
Jesus hat uns gezeigt, dass Gott uns nah und bei uns ist. Er ist bei uns mit seiner Kraft zur Liebe und zum Leben, also seinem Heiligen Geist. Dort, wo wir zu unseren Fehltritten stehen, vergibt Gott sie uns. Er lässt uns befreit aufatmen. Und wieder neue Wege gehen. Deshalb sollte es uns leicht fallen, in das Lob des Micha einzustimmen: „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt!“ (Micha 7,18)
Wer beten möchte:
Mit Worten aus Psalm 103:
Und:
Gott, du handelst nicht mit uns nach unserer Sünde und vergiltst uns nicht nach unserer Missetat. In Jesus Christus überwindest du das Böse mit Gutem, und schenkst uns einen neuen Anfang.
Mach uns barmherzig miteinander, nachsichtig mit Fehlern, geduldig mit Schwächen, großherzig, einander die Schuld zu vergeben. Mach uns auch barmherzig mit uns selbst, dass wir unsere Grenzen erkennen und lernen, fremde Hilfe anzunehmen.
Lass uns feiern, was gelingt. Lass uns voll Freude leben aus dir, aus deiner Liebe und Gnade zu uns.
Amen.
Bleibt weiter behütet und gesund!
Euer und Ihr Pfarrer Norman Roth
PS: Wie immer die Bitte, diese Gedanken gerne zu teilen, vor allem mit denen, die nicht online sind. Vielen Dank.