„Schdaawich, interessant unn e Mordsloch“ - Steinbruchführung am 8. Juli 2022
So lautete das Zitat einer der 12 Personen, die am frühen Freitagnachmittag in den Genuss einer exklusiven Steinbruchführung kamen. Wladimir Probst, Betriebsleiter und selbst seit 16 Jahren im Jettenbacher Steinbruch unterwegs, fuhr gemeinsam mit zwei Kollegen die Interessierten – die Jüngste mit zwei Jahren, der Älteste mit 74 - durch den Steinbruch und präsentierte ein ZDF- Programm. Nein, nicht der Fernsehsender, sondern Zahlen, Daten und Fakten rund um den Jettenbacher Steinbruch.
Wo vor hundert Jahren die Vorfahren einiger Teilnehmenden als Abrichter – auch im nahen Schneeweiderhof – Pfastersteine per Hand zurecht klopften, sind inzwischen modernste Technik und Digitalisierung am Start. Die 22 Mitarbeitenden ( eine Frau gibt’s auch) müssen nur noch wenig schweißtreibende Arbeiten verrichten.
Zuerst fuhr die Karawane, bestens gerüstet mit Warnweste und Bauhelm, zum Eingang des eigentlichen Bruchs. Ein Riesentrichter, der sich in den letzten Jahren enorm ausweitete und der – rein theoretisch – weitere 100 Meter unter dem Wasserloch in die Tiefe reichen könnte. 60 Jahre reicht die Abbaugenehmigung in die Zukunft.
Wladimir Probst bei der ersten Station mit Blick in den Steinbruch. Der Haufen links im Bild ist das Ergebnis der letzten Sprengung mit ca. 10 Tausend Tonnen bestem Graumaterial. In diesem Jahr ist die Nachfrage wegen der Pandemie und des Kriegs merkbar geringer.Grau ist das „Supermaterial“, das auch die Deutsche Bahn verwendet. Rot ist nicht gut, denn sobald es rote Einschlüsse gibt, landet dieses als Abraummaterial auf der Halde. 100 Meter tief liegt der tiefste Punkt. Eine Etagenwand ist ca. 25 Meter hoch. Rechts auf dem Foto sind die Bohrungen für die nächste Sprengung zu sehen.
Hier als Vergrößerung: Die Bohrungen des „Sprengfelds“ für die nächste Sprengung. Das Raster (der Abstand zur nächsten Bohrung und zur „Klippe“) misst 3,80 Meter.
Nächste Station: Sprengbohrloch
Auf Schleichwegen geht es um den Bruch, wobei selbst Jettenbacher im Auto die Orientierung verlieren, zur gegenüberliegenden Bruchseite.
Mit drei Steinbruchfahrzeugen ratzfatz zu Station zwei ...
Sichtlich beeindruckte Männer vor wolkenlosem Himmel (wer findet das Flugzeug?)
Das neue Sprengsystem ist laut Probst im Vergleich zur alten Methode „wie ein Gedicht“. So sieht ein Sprengloch aus der Nähe aus.
Nur eine halbe Stunde braucht der bemannte Bohrer, um sich 24 Meter tief ins Gestein zu fräsen. Wo dies genau passiert, wird vorher mit 3D-Lasertechnik geplant. Nach der Sprengstoffbefüllung bekommt jedes Bohrloch einen Mikrochip und wird zeitversetzt gezündet. Somit bleiben die Sprengungen bei unter 30% der in Deutschland erlaubten Erschütterungsnorm – irgendwas mit Herzfrequenz und mm :) An drei Stationen in Jettenbach wird dies permanent gemessen und jede Sprengung im Bruch per Video aufgezeichnet.
„Der Potschberg wächst“ - Die Abraumhalde
Hier ist auch eine der Grundwasser-Monitoring-Stellen. Falls ein Stein ins Rollen kommt, wird er durch die breit angelegten Terrassen abgebremst.
„Hinein ins Vergnügen“ die neue Aufbereitungsanlage
Moderne Technik unter Wellblech.
Mehrere Millionen kostete der Bau der neuen Anlage von 2018 bis 2020: Und dafür ist es im Sommer - so wie jetzt – echt heiß da drin. Für die Wartungszeit im Januar und Februar sind es schonmal minus zehn Grad in der Blechhütte. Dazu muss man aber erstmal hoch und hinein ...
„Da hoch?“ Option luftiger Außenfahrstuhl versus „Durchgucktreppe“. Wir müssen irgendwie 20 Meter hinauf. | Foto: IW
Sichtlich wohl geht es vor dem Fahrstuhlstart mit dem Superlift MX 1024 nur dem BAG-Mitarbeiter.
Vom großen Stein zum kleinen Edelsplitt. Alles hier in der Siebanlage.
Hierdrin fängt das Quetschen der Wacken an, dann geht’s in die „Kaffeemühle“, dem Kreisel- oder Kegelbrecher bis hin zur „Kornform“. An allen Übergängen gibt es Absauganlagen, um Staub zu reduzieren. Verbesserungspotenzial gibt’s überall: Ziel ist es, auch die Siebmaschine zu optimieren, indem Höhe und Weite sowie Drehzahl perfekt abgestimmt werden. Von hier aus läuft das Material abgesiebt über Transportbänder entweder zu den Silos oder – viel effektiver – gleich zum Beladen auf LKW ́s.
Alle haben es nach unten geschafft und sind noch gut gelaunt.
Transportband zum Verladen – gleichzeitig auf zwei LKW ́s möglich.
Das ist eine „Reißleine“. Damit kann im Notfall das Förderband gestoppt werden. Insgesamt passieren hier wenige Unfälle, auch bei den Umbauarbeiten mit 60 Leuten im Steinbruch gab es nicht einen Arbeitsunfall.
Nach der Kameraerkennung des Nummernschilds erkennt ein Sensor oben, ob der LKW richtig steht. Der Fahrer wählt aus, ob er die Ladung trocken (für Anlieferung an Asphaltwerke) oder nass (für Betonwerke) haben möchte. Mit dem Rüssel wird die Ladung im Sattel gleichmäßig verteilt. Und den Lieferschein gibt’s bei der Ausfahrt.
Traum aller kleinen Jungs: Außer Raupenbaggern gibt’s hier auch Schaufellader.
Befüllung ab Halde: Der Verkauf geht freitags länger als die Produktion. Auf großen Hügeln lagern Edelsplitt und Co. und warten auf ihren Einsatz.
Die letzte Station: Waage
Hier an der Waage ist die Schaltzentrale für alle automatischen Vorgänge. Hier gibt ́s nach dem Wiegen den Lieferschein und nach der Ausfahrt eine Fußdusche für LKW ́s. 2021 wurden alle Wege asphaltiert, um die Staubentwicklung weiter zu minimieren. Trotzdem verbraucht der gesamte Steinbruch bei solch heißem Wetter 150 Tausend Liter Wasser am Tag.
Darf nicht fehlen: Gruppenfoto (ohne die jüngste Teilnehmerin)
Nicht ganz zwei Stunden nach Beginn der Führung sind sich alle einig: Wir haben viel gelernt über den Jettenbacher Steinbruch. Es war unter anderem „schdaawich, interessant unn e Mordsloch“
Herzlichen Dank an die drei Männer vom Bruch für diese exklusiven Steinbrucheinsichten!
(Bild „Da hoch?“ von Ingo Wirth, weitere Fotos und Text: Nadja Donauer)